Das hübsche Gesicht des Islams


Am 12.1.2015 lief auf ARD die Polit-Talkshow „hart aber fair“. Das war kurz nach dem islamistischen Terroranschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo. Bilanz: die Islamisten ermordeten 16 Menschen. Und natürlich ging es jetzt in den Medien um die Frage, wie islamisch dieser Anschlag war. Nein, genauer gesagt ging es darum, dass das alles „mit dem Islam nichts, aber auch gar nichts zu tun habe“. Und natürlich war auch eine Vertreterin des Islams eingeladen, und zwar Khola Maryam Hübsch, die uns das positive Gesicht des Islams näherbringen wollte.

Es ist alles ganz anders

Khola Maryam Hübsch präsentierte sich wortgewandt, telegen, charmant, liberal, islamisch und deutsch. Sie ist die Tochter eines Deutschen und einer Inderin. Deutsche Muttersprache, akzentfrei, gebildet, eine studierte Germanistin und Publizistin. Kurz gesagt: sie zeigte uns das hübsche Gesicht des Islams. Und das immer nach der Linie „Nein, Islam ist nicht so, wie immer gesagt wird. Der Islam ist eine durch und durch friedliche, demokratische Religion und die Attentäter waren im Grunde keine Muslime“.

Moment mal

Bei einem Nebensatz wurde ich hellhörig. Ahmadiyya. Und wie ich in der Wikipedia schnell nachlesen konnte, gehört Khola Maryam Hübsch tatsächlich zur Ahmadiyya-Gemeinschaft. Deren Sicht vom Islam ist in der Tat eine tolerante, liberale.

Die Verfolgung der Ahmadiyyas

Was bei „hart aber fair“ nicht dazugesagt wurde: die muslimische Mehrheit weltweit erkennt die Ahmadiyya gar nicht als Muslime an. Ihrer Meinung nach handelt es sich vielmehr um eine Sekte, um Menschen, die vom wahren Islam abgefallen sind. Dementsprechend werden sie in islamischen Ländern auch verfolgt. Da es in der Sendung ja um Islamismus ging, und um die Frage, wie islamisch der Islamismus ist, hätte man eigentlich Frau Hübsch bitten können, die Zuschauer mal über die Verfolgung der Ahmadiyya durch den Mehrheitsislam zu informieren. Ein Beispiel aus Pakistan: da wurden im Jahre 2005 acht Menschen ermordet und 20 verletzt, nur weil sie Ahmadiyyas waren (Link BBC)

Stattdessen erklärte uns Frau Hübsch, dass all die Attentate des militanten Islamismus der letzten Monate mit dem Islam gar nichts zu tun hätten, zumindest dann nicht, wenn man ihn richtig versteht.

Zur Illustration

Das ist, um die Situation mal auf ein christliches Reizthema zu übertragen, ungefähr so als hätte man bei „hart aber fair“ über das Zölibat in der katholischen Kirche diskutiert. Und als Vertreter der christlichen Seite hätte man eine Mormonin eingeladen und zu den Positionen der katholischen Kirche befragt. Und die hätte gesagt, nein, Katholizismus ist, wenn man ihn richtig versteht, ganz anders. Und alle Zuhörer hätten sich darüber gefreut.

Ich finde, diesen Hintergrund hätte man den Zuschauern erklären müssen. Und ich hätte, um bei dem Beispiel Zölibat zu bleiben, als Teilnehmer von „hart aber fair“ auch klar gesagt, dass ich zur Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten gehöre, dass ich deshalb nicht für die katholische Kirche spreche, und dass wir Adventisten die Bibel in der Tat anders verstehen als die Katholiken. Aber ich hätte nicht bestritten, dass es innerhalb der katholischen Kirche das Zölibat gibt und dass es von einer großen Zahl der Katholiken auch immer noch vertreten wird.

Und deshalb fühle ich mich als Zuschauer von der Sendung über den Tisch gezogen.

Heiko Evermann
Januar 2015

Zur weiteren Lektüre empfohlen:

Zur Verfolgung der Ahmadiyya (Wikipedia, englisch) http://en.wikipedia.org/wiki/Persecution_of_Ahmadis

Sowie als Hintergrundinformation die englische Seite http://www.alhafeez.org/rashid/rabita.html: 1974 gab es eine Konferenz der „World Muslim League“ mit Vertretern von 140 islamischen Ländern und Organisationen, auf der man einstimmig beschlossen hat, dass die Ahmadiyya-Gemeinschaft keine Muslime sind. Man warf ihnen unter anderem vor,

  • absichtlich die Bedeutung von Koranversen zu verdrehen.
  • Auch wurde explizit kritisiert, dass die Ahmadiyya das Konzept des Dschihad nicht teilen.

Um diese Bewegung zu bekämpfen, wurde dann eine Reihe von restriktiven Maßnahmen beschlossen.

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