Tante Berta und Harmaggedon oder „ich suche mir dann mal ein Haus aus“

Zum ersten Mal von den Zeugen Jehovas gehört habe ich, als ich noch ein kleines Kind war.

Tante Berta

Da gab es Tante Berta, eine gute Freundin meiner Großmutter, die praktisch mit zur Familie gehörte. Die beiden kannten sich aus der Landverschickung in Bayern, wegen der Luftangriffe wurden damals Mütter mit ihren Kindern aus den großen Städten evakuiert. Tante Berta lebte nach dem Krieg wieder in Hamburg. Ihr Sohn war in Bayern geblieben und hatte dort geheiratet. Damit war er weit weg. Der Ehemann kehrte aus dem Krieg nicht zurück. „Missing in action“ heißt das heute. Weil er aber offiziell nur verschollen war, und nicht gefallen, bekam Tante Berta auch keine Kriegswitwenrente und war damit finanziell nicht gut gestellt. Ihren Sohn in Bayern konnte sie nur selten besuchen.

Tante Bertas Tochter und der Schwiegersohn

Ihr anderes Kind, ihre Tochter, lebte in Hamburg, trat zu den Zeugen Jehovas über und heiratete auch einen. Und damit hing dann der Haussegen schief. Sie war viel für die Zeugen Jehovas von Haustür zu Haustür unterwegs und besuchte ihre Mutter nur selten. Wenn sie sie besuchte, dann war es meist mit Missionierungsversuchen verbunden. Für Tante Berta besonders schwierig war das Geburtstags- und Weihnachtsverbot. Ihr eines Kind war zu weit weg und das andere Kind, das in der Nähe wohnte, wollte nicht kommen. Und man ist nie so allein wie am Geburtstag oder an Weihnachten. Das war für Tante Berta nicht vermittelbar und es hinterließ auch bei meinen Eltern von Anfang an einen schlechten Eindruck über die Zeugen Jehovas.

Ich suche mir dann mal ein Haus aus.

Ein weiterer Punkt, der in der Familie für rege Diskussionen sorgte, war ihre Einstellung zur Altersvorsorge. Die Tochter und der Schwiegersohn hatten Tante Berta ausführlich dargelegt, dass sie kein eigenes Haus kaufen würden, denn schon bald käme Harmaggedon, da würden dann nur die Zeugen Jehovas überleben und dann könne er sich ein schönes Haus aussuchen, warum sollte er also jetzt viel Geld dafür ausgeben. Man hatte ja sogar ausgerechnet, wann Harmaggedon kommen würde, und es war nicht mehr weit weg.

Christliche Haushalterschaft

Im Gegensatz dazu haben die beiden Kinder meiner Großmutter (meine Mutter und mein Onkel) sich und ihren Familien eigene Häuser erarbeitet und auch ich wohne mit meiner Frau und meinen Kindern in einem eigenen Haus. Wir sind damit gut gefahren. Ich halte es auch für einen wichtigen Punkt christlicher Haushalterschaft, sich um die Altersvorsorge und besonders um den Wohnraum für die Familie zu kümmern.

Die Nachwirkungen davon

Bedauerlich an dem Ganzen ist, dass diese Erfahrung von Zeugen Jehovas im direkten Familienumfeld bei meinen Eltern dafür gesorgt hat, dass sie alle engagierten Formen von christlicher Gemeinschaft mit großer Skepsis betrachten. Meine Mutter hat im Laufe der Jahre immer wieder den Verdacht geäußert, dass meine Freikirche doch irgend so etwas sein könnte wie die Zeugen Jehovas.

Das letzte Wort dazu ist noch nicht gesprochen!

Und wenn beim Jüngsten Gericht die Bücher aufgetan werden und alles auf den Tisch kommt, dann werden sich die Tochter und der Schwiegersohn von Tante Berta einige ernste Fragen anhören müssen, warum sie den Glauben an Jesus Christus in einem derart schlechten Licht erschienen ließen. Es heißt in den Zehn Geboten schließlich nicht ohne Grund „du sollst Vater und Mutter ehren“.