Was ist die Heilige Schrift der Mormonen?


Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage erkennt diese vier Bücher als Heilige Schriften an:

  • die Bibel (Altes und neues Testament)
  • das Buch Mormon
  • das Buch „köstliche Perle“
  • das Buch „Lehre und Bündnisse“

Diese vier Bücher werden gemeinsam als „Standardwerke“ bezeichnet (englisch: standard works). Sie sind auf Englisch in gedrucker Form auch als Sammelband erhältlich:

Mormonische "quadruple combination" aus Bibel, Buch Mormon, köstlicher Perle und Lehre&Bündnisse
  • Die „quadruple combination“ (siehe Bild) enthält alle vier Bücher. Für die Bibel wird die King-James-Übersetzung verwendet. Eine Viererausgabe ist aus urheberrechtlichen Gründen auf Deutsch nicht erhältlich: die von den Mormonen verwendete Einheitsübersetzung steht für diese Sammelausgabe nicht zur Verfügung.
  • Die „triple combination“ enthält das Buch Mormon, köstliche Perle und Lehre&Bündnisse. Diese Kombination ist auf auf Deutsch erhältlich.

Was ist der Inhalt dieser vier Bücher?

Die Bibel

Die Mormonen haben mit den christlichen Kirchen die Bibel gemeinsam. Im englischen Sprachraum verwenden sie King-James-Übersetzung (KJV) in einer eigenen Druckausgabe. Mit umfangreichen Fußnoten und Querverweisen wird die KJV dabei mit dem Buch Mormon und den anderen Standardwerken verwoben.

Einige Verse werden in den Fußnoten bzw. sofern der Text als Fußnote zu lang ist, im Anhang massiv geändert. Der Text hierzu wird aus der „inspirierten Übersetzung von Joseph Smith“ entnommen. So wird beispielsweise Joh 1,1 geändert von

In the beginning was the Word, and the Word was with God, and the Word was God. (KJV)

zu

In the beginning was the gospel preached through the Son. And the gospel was the word, and the word was with the Son, and the Son was with God, and the Son was of God“

Die ursprüngliche Aussage von Johannes wird dadurch massiv geändert.

Im deutschen Sprachraum haben die Mormonen früher die Lutherüberetzung verwendet, heute benutzen sie die katholische Einheitsübersetzung. Eine mit der englischen Ausgabe vergleichbare Umarbeitung, ein Verweben der Bibel mit dem Buch Mormon über Fußnoten gibt es auf Deutsch aus urheberrechtlichen Gründen nicht.

Die Glaubwürdigkeit der Bibel gilt aus mormonischer Sicht nur eigeschränkt. In den Glaubensartikeln heißt es in Punkt 8:
„Wir glauben, dass die Bibel, soweit richtig übersetzt, das Wort Gottes ist; wir glauben auch, dass das Buch Mormon das Wort Gottes ist.“

Die Einschränkung „sofern richtig übersetzt“ gilt also nur für die Bibel, nicht aber für das Buch Mormon. Die Glaubwürdigkeit des Buchs Mormon ist demnach höher als die Bibel. Die Bibel wird hierdurch abgewertet, weil man nicht vertrauen kann, dass der überlieferte Bibeltext korrekt ist.

Das Buch Mormon als Heilige Schrift der Mormonen

Das Buch Mormon erzählt die Geschichte einer kleinen Gruppe von Juden, die um das Jahr 600 v.Chr. aus Israel nach Amerika auswandern. Aus den Nachfahren dieser Gruppe entwickeln sich zwei Völker, die gottesfürchtigen Nephiten und den (mal mehr, mal weniger) gottlosen Lamaniten.

Nach seiner Auferstehung in Jerusalem habe Jesus Christus dann diese beiden Völker in Amerika besucht, dort die Bergpredigt wiederholt, und eine Kirche gegründet. Es beginnt eine friedliche Zeit. Nach rund zwei Jahrhunderten kommt es erneut zur Trennung von Nephiten und Lamaniten. Die Nephiten werden in einem Krieg vernichtet. Gegen Ende dieses Krieges schreiben Mormon und sein Sohn Moroni die Geschichte dieser Völker auf goldene Platten und vergraben diese.

Joseph Smith behauptet nun, Moroni, mittlerweile ein Engel, habe ihm diese Platten übergeben. Er habe sie mit Gottes Hilfe aus dem „reformierten Ägyptisch“ ins Englische Übersetzt und als Buch Mormon veröffentlicht.

Die Entstehungsgeschichte dieses Buchs ist buchstäblich abenteuerlich und überzeugt mich nicht. (Dazu später in einem eigenen Artikel mehr.)

Zur Übersetzung verwendete Smith ein Werkzeug, das er als „Urim und Tummim“ bezeichnete. Es handelte sich um eine Art Brille mit zwei durchscheinenden Steinen. (Siehe die Darstellung des mormonischen Künstlers David A. Baird)

Urim und Tummin kommen auch schon im Alten Testament vor. Es handelte sich dort aber um zwei Lose, die der Hohepriester zur Entscheidungsfindung verwendete, und nicht um eine Brille.

Die Köstliche Perle.

Die „köstliche Perle“ (englisch: Pearl of Great Price) ist ein Sammelsurium von mehreren kleineren Texten. Alle stammen sie von Joseph Smith. Die Zusammenstellung erfolgte allerdings erst nach seinem Tod durch die Kirche der Mormonen.

Das Buch Mose

Das Buch Mose ist eine Bearbeitung der ersten Kapitel von dem biblischen Buch Genesis/1. Buch Mose. Joseph Smith betrachtete sie als eine korrigierte Übersetzung dieses Bibelabschnitts. Eine Übersetzungstätigkeit im üblichen Wortsinn erfolgte aber nicht. Vielmehr hat Smith sich darauf berufen, dass Gott ihm die korrekte Übersetzung gezeigt habe.

Ein Vergleich dieses Text mit der Bibel zeigt, dass das „Buch Mose“ keine Übersetzung ist. Man sieht dies deutlich am hebräischen Originaltext, aber auch im Vergleich mit jeder echten Bibelübersetzung. Der Text enthält massive Zufügungen und Umarbeitungen, die mit dem Bibeltext nicht übereinstimmen.

Das Buch Abraham

Joseph Smith hatte einige Ägyptische Papyri erhalten und begann sie im Jahre 1835 zu „übersetzen“. Dieser Text wurde 1842 veröffentlicht.

Die Papyri waren zwischenzeitlich lange verschwunden, ein Teil davon tauchte 1967 wieder auf. Sie wurden anhand der Grafiken identifiziert, die Teil des Buchs Abraham sind.

Damit war es dann möglich, die „Übersetzungsarbeit“ von Smith zu überprüfen. Es zeigte sich, dass es sich in Wirklichkeit nicht um einen Text über Abraham handelt, sondern um Ausschnitte aus dem heidnischen ägyptischen Totenbuch.

Joseph Smith – Matthäus

„Joseph Smith – Matthäus“ (zu unterscheiden vom Matthäusevangelium der Bibel) ist ein weiterer Abschnitt der „Bibelübersetzung“ von Joseph Smith. Die Vorlage ist das Kapitel Matthäus 24 aus der Bibel. Auch hier ist der Text umfassend bearbeitet und erweitert worden. Auch hier gibt es in den überlieferten Handschriften der Bibel keine Basis für die Änderungen von Smith.

Joseph Smith – Lebensgeschichte

In diesem Text beschreibt Smith seine Berufungsgeschichte, die Begegnung mit dem Engel Moroni, die Übergabe der goldenen Platten und die Gründung seiner eigenen Kirche.

Die Glaubensartikel:

Dieser Abschnitt der „köstlichen Perle“ sind die 13 offiziellen Glaubensartikel, die Smith 1842 formuliert hat.

Lehre und Bündnisse

Dieses Buch ist eine Sammlung von (derzeit) 138 Offenbarungen. Die meisten stammen von Joseph Smith. Einige wenige (Nummer 135-138) stammen auch von seinen Nachfolgern.

Die Zusammenstellung erfolgte durch ein Komitee der Kirchenleitung. Wichtige Festlegungen zur Kirchenstruktur sind mit dem Buch „Lehre und Bündnisse“ begründet.

Auch wichtige Lehren, welche die mormonische Kirche von den christlichen Kirchen unterscheiden, haben ihre Basis in „Lehre und Bündnisse“, z.B. Regelungen zum Priestertum, zum Tempeldienst, zum Eheverständnis und zur Polygamie. In diesen Bereichen ist der Einfluss von „Lehre und Bündnisse“ größer als der von Bibel oder Buch Mormon.

Die „Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (seit 2001: „Gemeinschaft Christi“ bzw. engl. „Community of Christ“) hat ihre eigene Ausgabe von „Lehre und Bündnisse“. Diese Kirche (mit weltweit) rund 250.000 Mitgliedern hatte sich nach dem Tod von Smith von der mormonischen Hauptkirche getrennt und führt seitdem eine eigene Fassung dieses Buchs. Hier wurden deutlich mehr Texte der Leitung dieser Kirche hinzugefügt. Derzeit sind es insgesamt 165.

Mehr zum Thema Mormonen findest du hier.

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