Kreuz oder Pistole? Was bedeutet der Tod von Jesus für uns?

pistole_150Mich wundert immer wieder, mit welcher Vehemenz die Zeugen Jehovas das Symbol des Kreuzes ablehnen. Da geht es nicht nur um die Form (Kreuz oder Pfahl). Nein, der Konflikt ist grundsätzlicher Natur.

Mehrfach haben Zeugen Jehovas mich gefragt, was wäre, wenn mein bester Freund zu Unrecht zum Tode verurteilt und erschossen wurde. Würde ich mir dann von der Pistole ein Duplikat anfertigen lassen? Warum taucht diese Frage immer wieder auf?

Die Wachtturm-Literatur über Kreuz oder Pistole

Mir scheint, wenn es um das Kreuz geht, dann halten Zeugen Jehovas dies für einen guten Einwand. Diese Frage wird ausdrücklich trainiert, sie findet sich mehrfach in ihrer Literatur. Darunter auch in ihrer noch heute verwendeten Gesprächsanleitung „Unterredungen anhand der Schriften“ unter dem Stichwort „Kreuz“.

Als Beispiel möchte ich den folgenden Text aus dem Wachtturm vom 1.5.1989 verwenden, denn er zeichnet sich durch eine besondere Schärfe aus. („Worin die Liebe Gottes besteht“, Seite 23-28, Absatz 12+13)

Das Hinrichtungswerkzeug verehren?

12 Selbst wenn man die Beweise außer acht ließe und annähme, Jesus sei an einem Kreuz gestorben, würde sich die Frage erheben: Sollte man das Kreuz verehren? Nein, denn Jesus wurde wie die Männer neben ihm als Verbrecher hingerichtet, und die Art seines Todes war die schlimmste Falschdarstellung seiner selbst. Die Christen des ersten Jahrhunderts hätten das Werkzeug, das zu seiner Hinrichtung diente, nie als heilig betrachtet. Es zu verehren hätte bedeutet, die Untat zu verherrlichen, die in Verbindung damit begangen wurde: die Ermordung Jesu.

13 Wenn dein liebster Freund aufgrund von Falschanklagen hingerichtet worden wäre, würdest du dir dann ein Bildnis des Hinrichtungswerkzeuges (z. B. der Schlinge des Henkers oder des elektrischen Stuhls oder eines Gewehrs des Erschießungskommandos) machen, diese Nachbildung küssen, Kerzen davor anzünden oder es als heiligen Schmuck um den Hals tragen? So etwas wäre unvorstellbar. Jedoch ist die Verehrung des Kreuzes nichts anderes. Der Umstand, daß das Kreuz heidnischen Ursprungs ist, macht die Sache nur noch schlimmer.

Es tut mir weh, solche Ausführungen zu lesen, denn in der Bibel steht es ganz anders.

Ja, wie war das mit dem Tod von Jesus?

Klar, er wurde zu Unrecht verurteilt und zu Unrecht hingerichtet. Aber was bedeutet das für uns? Haben die ersten Christen diese Untat verabscheut oder haben sie diese „Untat verherrlicht“?

Hören wir zu dieser Frage den Apostel Paulus: 1. Kor 1,18:

Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verlorengehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft.

Und kurz darauf legt er noch nach (1. Kor 1,22-24)

Denn während Juden Zeichen fordern und Griechen Weisheit suchen, predigen wir Christus als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis und den Nationen eine Torheit; den Berufenen selbst aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.

Oh. Entgegen der Darstellung des Wachtturms war das Kreuz Christi für die Christen des ersten Jahrhunderts nicht etwa ein verabscheuungswürdiges Unrecht. Nein, es war für sie das Zentrum ihrer Predigt. Wie kann das angehen?

Was bedeutet der Kreuzestod von Jesus Christus?

Ganz einfach: Jesus ist zu Unrecht gestorben. Und Gott hat das für uns zum Heil umgemünzt. Schon Jesaja hat das prophezeit (Jesaja 53,4+5)

Jedoch unsere Leiden – er hat [sie] getragen, und unsere Schmerzen – er hat sie auf sich geladen. Wir aber, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.

Eigentlich gehören wir selbst an das Kreuz. Aber Jesus ist für unsere Schuld gestorben, um unseretwillen. Um unserer Sünden willen. Dadurch können wir Gottes Kinder werden. Und natürlich ist das Werkzeug unserer Errettung, das Kreuz, an dem Jesus starb, damit zum Symbol dieses Glaubens geworden.

Aber eine Religionsgemeinschaft, die meint, nur die „144.000“ wären heute schon Kinder Gottes, und die „anderen Schafe“ wären es noch lange nicht, die kann diese Botschaft vom Kreuz natürlich nicht verstehen. Da wundert es mich nicht, dass sie das Symbol des Kreuzes ablehnt.

Nochmal zurück zur Pistole:

Was wäre, wenn mein Freund ermordet worden wäre, mit einer Pistole? Würde ich die Pistole verehren? Nun, das hängt davon ab, wer dieser Freund ist. Hier geht es um meinen allerbesten Freund, um Jesus. Es geht um den Sohn Gottes, der mir den Weg zurück zu Gott gebahnt hat.

Und wenn es damals nicht ein Kreuz gewesen wäre, an dem Jesus für mich gestorben ist, wenn es stattdessen damals eine Pistole gewesen wäre, ja, dann würden Christen sich heute ein Abbild einer Pistole um den Hals hängen.