Ist der Sabbat im Laufe der Geschichte verloren gegangen?

Wenn man anhand der Bibel aufgezeigt hat, dass der Sabbat in der Schöpfung verankert ist, und dass er der siebente Tag der Woche ist (siehe hier), dann wird gerne dieser Einwand gebracht: „Man kann ja gar nicht genau wissen, WANN denn der Sabbat ist. Vielleicht ist der ja verloren gegangen.“ Ich betrachte hier wieder exemplarisch den Text „Vom Sabbat, Sabbaten und Sonntag“ (Seite 44 und 45) von Siegfried F. Weber. Seine Einwände 4 und 5 lauten:

4) Wenn jedoch nicht der Staat die Nummerierung der Wochentage festlegt, wer dann?
5) Die einzige Alternative wäre doch, dass man vom siebten Tag der Schöpfung an durchzählt, ein Unterfangen, dass durch die vielen Kalenderreformen der Jahrhunderte unmöglich ist.

Und unterstellt wird hier, dass niemand in der Lage ist, jetzt im 21. Jahrhundert auf den Tag genau zu berechnen, wann Gott die Welt geschaffen hat. Ergo ist der Sabbat unmöglich.

Wie kann man wissen, wann der Sabbat ist?

Merkwürdig ist nur, dass das Volk Israel seit dem Auszug aus Ägypten regelmäßig den Sabbat gehalten hat. Dabei muss doch das Siegfried Weber genannte Problem schon damals bestanden haben. Wie kann das angehen?

Die Antwort darauf ist erstaunlich einfach und man findet sie im 2. Buch Mose/Exodus.

2. Mose 16 beschreibt die Wüstenwanderung der Israeliten. Nach dem Auszug aus Ägypten kommt es schnell zu großem Hunger, die Vorräte sind aufgebraucht. Das Volk probt den Aufstand gegen Mose und will wieder nach Ägypten zurück. Das ist der Beginn des Manna-Wunders. Gott selbst verschafft dem Volk Israel jeden Morgen das Manna, das man um das Wüstenlager herum aufsammeln kann. 2. Mose 16,4+5

16,4 Da sprach der HERR zu Mose: Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Dann soll das Volk hinausgehen und den Tagesbedarf täglich sammeln, damit ich es prüfe, ob es nach meinem Gesetz leben will oder nicht. 16,5 Am sechsten Tag aber, wenn sie zubereiten, was sie einbringen, wird es geschehen, daß es das Doppelte von dem sein wird, was sie tagtäglich sammeln.

Am Rande: interessant ist hier, dass Gott von seinem Gesetz redet, und das obwohl die 10 Gebote erst einige Kapitel später (2. Mose 20,2-17) genannt werden. Daraus wird deutlich, dass die 10 Gebote älter sind als der Bundesschluss zwischen Gott und seinem Volk am Berg Sinai.

Mit dem Manna hatte es nun eine merkwürdige Bewandnis. Es kam täglich, aber es gab eine wöchentliche Ausnahme, den Sabbat:

23 Und er sprach zu ihnen: Das ist’s, was der HERR gesagt hat: Morgen ist Ruhetag, heiliger Sabbat für den HERRN. Was ihr backen wollt, das backt, und was ihr kochen wollt, das kocht; was aber übrig ist, das legt beiseite, dass es aufgehoben werde bis zum nächsten Morgen. 24 Und sie legten’s beiseite bis zum nächsten Morgen, wie Mose geboten hatte. Da wurde es nicht stinkend und war auch kein Wurm darin. 25 Da sprach Mose: Esst dies heute, denn heute ist der Sabbat des HERRN; ihr werdet heute nichts finden auf dem Felde. 26 Sechs Tage sollt ihr sammeln; aber der siebente Tag ist der Sabbat, an dem wird nichts da sein.

Einen Tag vorher heißt es „morgen ist Sabbat“ und am Sabbat selbst spricht der Herr „heute ist der Sabbat des Herrn“.

Das heißt: Gott selbst hat dem Volk Israel gesagt, wann Sabbat ist. Vierzig Jahre hat das Volk Israel danach in der Wüste verbracht (2. Mose 16,35) und das Manna gegessen. Vierzig Jahre, in denen Gott jede Woche deutlich aufgezeigt hat, wann der Sabbat war. Vierzig Jahre lang Zeit, um den persönlichen Wochenkalender mit Gottes Kalender in Einklang zu bringen.

Seit dieser Zeit zählen die Juden die Wochentage. Und auch die Christen haben genau dieselbe Wochentagszählung übernommen und über die ganze Welt verbreitet. Juden wie Christen sind sich seit dem Auszug aus Ägypten einig, welcher Wochentag gerade ist. Es hat sich nur in weiten Teilen der Christenheit eingebürgert, dass man den Sabbat nicht mehr halten will. Aber wann Sabbat und wann Sonntag ist, das ist seit dem Auszug aus Ägypten absolut unstrittig. Selbst Jesus und seine Lieblingsgegner, die Pharisäer wussten immer genau, wann Sabbat war und wann nicht.

Viele Kalenderreformen?

Bleibt vielleicht noch die Frage von Herrn Weber nach Kalenderreformen. Ist der Sabbat also vielleicht nach Jesus kaputt gegangen?

Um welche Kalenderreformen soll es hier eigentlich gehen? Da gab es nicht viele, sondern nur eine, das war der Übergang vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender im Jahre 1582. In diesem Jahr folgte auf Donnerstag den 4. Oktober direkt Freitag der 15. Oktober. 10 Tage wurden ausgelassen. Aber die Reihenfolge der Wochentage blieb dabei unverändert. Diese Reform wurde 1582 in den katholischen Ländern durchgeführt. Die anderen Länder folgten dann kleckerweise, zuletzt China im Jahre 1949. Aber überall blieb der Sabbat ein Sabbat und überall blieb der Sonntag ein Sonntag.