Fortman über den Heiligen Geist

Die Dreieinigkeitsbroschüre der Zeugen Jehovas („Sollte man an die Dreieinigkeit glauben“, 1989) führt Theologen anderer Konfessionen an, um die Ansichten des Wachtturms zu stützen. Dabei ist eine ganze Reihe von Zitaten missbräuchlich. Darunter das folgende von dem katholischen Theologen Edmund Fortman.

Das Zitat aus der Broschüre

Unter der Überschrift „keine Person“ wird zum Heiligen Geist folgendes ausgeführt (Seite 21)

GIBT es indessen nicht auch Bibeltexte, die vom heiligen Geist als von einer Person sprechen? Ja, doch man beachte, was der katholische Theologe Edmund Fortman in dem Buch The Triune God darüber sagt: „Obschon dieser Geist häufig personifiziert wird, ist es eigentlich recht klar, daß die heiligen Schreiber [der Hebräischen Schriften] nie auf den Gedanken gekommen sind, daß dieser Geist eine Person sei, auch haben sie ihn nie so dargestellt.“

 

Es ist nichts Ungewöhnliches, daß in der Bibel etwas personifiziert wird. So heißt es darin, daß die Weisheit Kinder habe (Lukas 7:35). Die Sünde und der Tod werden als Könige bezeichnet (Römer 5:14, 21). In 1. Mose 4:7 (The New English Bible) heißt es: „Die Sünde ist ein Dämon, der an der Tür kauert.“ Hier wird also die Sünde als ein böser Geist personifiziert, der an Kains Tür kauerte. Natürlich ist die Sünde keine Geistperson. Und auch der heilige Geist wird dadurch, daß er personifiziert wird, nicht zu einer Geistperson.

Man gewinnt dabei den Eindruck, Fortman würde die Ansicht des Wachtturms stützen, dass der Heilige Geist keine Person wäre. Stutzig könnte man bei dem Klammerzusatz „die heiligen Schreiber [der Hebräischen Schriften]“ werden. Wieso wird Fortman zum Alten Testament (in der Ausdrucksweise der Zeugen Jehovas „die Hebräischen Schriften“) gehört? Und das, obwohl die Einleitung des Zitats von „Bibeltexten“ ganz allgemein spricht, und was Fortman „darüber sagt“.

Ist Fortman hier richtig wiedergegeben?

Ist Fortman ein Kritiker der Dreieinigkeitslehre? Nein. Er ist ein klarer Vertreter der Dreieinigkeitslehre und auch der Personheit des Heiligen Geistes (siehe „Wer ist Edmund Fortman?“). Und man muss schon sein Buch im Zusammenhang lesen, um ihn richtig zitieren zu können. Das fragliche Zitat stammt aus dem Kapitel über das Alte Testament. Über das Alte Testament führt er aus, dass es dort keine oder kaum Hinweise auf die Dreieinigkeit gibt. Für das Neue Testament sieht es aber ihm zufolge ganz anders aus.

Fortman über die Paulusbriefe

Im Kapitel über das Neue Testament schreibt er, nachdem er eine ganze Reihe von Bibelstellen über den Heiligen Geist aufgelistet hat, auf Seite 21 in Bezug auf die Texte von Paulus:

„In all diesen werden dem Geist so viele personhafte Aktionen in verschiedenen Kontexten zugeschrieben, und er wird so eng parallel zu Christus präsentiert, dass es ausgesprochen schwierig, wenn nicht unmöglich ist, den Geist nur als eine unpersönliche göttliche Kraft oder Personifikation anzusehen.“

Englisches Original:„In all these so many personal actions are attributed to the Spirit in diverse contexts, and he is presented in such close parallel to Christ that it is extremely difficult if not impossible to regard the Spirit as merely a divine impersonal force or personification.“

Fortman über das Johannesevangelium

Auf Seite 28 schreibt er über das Johannesevangelium:

Der Heilige Geist ist eine Person, die vom Vater und vom Sohn verschieden ist, und seine ausgeprägte personhafte Realität wird hier deutlicher bestätigt als anderswo im Neuen Testament.

Englisches Original: The Spirit is a person distinct from the Father and the Son, and His distinct personal reality is more explicitly affirmed here than anywhere else in the New Testament.

Sowie

„Die Frage nach der Personhaftigkeit des Heiligen Geistes stellt sich hier nicht. Er ist nicht nur eine göttliche Kraft oder Macht, noch ist er eine Metapher für Jesus selbst. Er ist genauso eine lebendige Person wie Jesus selbst und eine, dessen Aktion so göttlich ist, dass seine Gegenwart für die Jünger die sichtbare Gegenwart von Jesus selbst zum Vorteil ersetzen wird. So klar betrachtet Johannes den Heiligen Geist als eine Person, dass er ein maskulines Pronomen für den Geist verwendet, obwohl das Griechische Wort Pneuma Neutrum ist.“

„There can be no real question of the personality of the Holy Spirit here. He is not merely a divine gift or power, nor is He a metaphor for Jesus Himself. He is as much a living person as Jesus Himself and one whose action is so divine that His presence will, for the disciples, advantageously replace the visible presence of Jesus Himself. So clearly does John regard the Holy Spirit as a person that he uses a masculine pronoun for the Spirit, even though the Greek pneuma is neuter.“

Oder kurz gefasst auf Seite 29 über Johannes:

„Klarer als alle anderen präsentiert er die Göttlichkeit des Sohnes und die Personhaftigkeit des Geistes“

„More clearly than any other does he present the divinity of the Son and the personality of the Spirit.“

In Summe

Es ist daher eine vorsätzliche Verzerrung von Fortman, wenn man ihn hinsichtlich des Heiligen Geistes nur zum Alten Testament hört und dann das Zitat so einrahmt, als hätte diese Aussage Gültigkeit für die ganze Bibel. Mit Nachlässigkeit kann ich mir das nicht erklären. Meiner Meinung nach kann es sich hier nur um eine vorsätzliche Verfälschung handeln. Insbesondere deshalb, weil die Dreieinigkeitsbroschüre an anderer Stelle aus Fortmans Buch auch aus dem Kapitel über das Neue Testament zitiert!

Mehr zu missbräuchlichen Zitaten der Wachtturmliteratur im Allgemeinen und zu den Zitaten aus Fortman im Besonderen hier.